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Menschenwürde erfahren

Sieben Schwerverletzte des Bombenanschlags aus Alexandria ausgeflogen

Opfer des Anschlags von Alexandria  in ihrem Krankenbett in München
Bischof Anba Damian, Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Christen in Deutschland, die nach München ausgeflogenen Opfer des Anschlags von Alexandria an ihrem Krankenbett. Foto: Kirche in Not

19.01.2011: Sieben Schwerverletzte des Bombenanschlags von Alexandria werden zurzeit in mehreren Münchner Kliniken behandelt. Am Silvesterabend hatte sich ein Selbstmordattentäter vor einer koptisch-orthodoxen Kirche in der ägyptischen Großstadt in die Luft gesprengt, 23 Menschen waren bei dem Anschlag ums Leben gekommen.

Am gestrigen Dienstag besuchte Bischof Anba Damian, Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Christen in Deutschland, die nach München ausgeflogenen Opfer des Anschlags an ihrem Krankenbett. "Kirche in Not"-Mitarbeiter Volker Niggewöhner hat den Bischof bei seinem Besuch begleitet.

Oberhaupt der koptischen Christen in Deutschland besucht Opfer in Münchner Kliniken

"Abuna!" hört man die Verletzten und Angehörigen in der Klinik rufen. "Vater!" Bischof Anba Damian wird wie ein Familienmitglied empfangen, vertraulich und offen. Man hat das Gefühl, dass diese Kirche der Märtyrer wirklich eins in Christus ist, eine Familie. Obwohl die Opfer des Anschlags noch große Schmerzen haben und unter der Erinnerung an das Erlebte leiden, ist die Stimmung fröhlich. Sobald der Bischof den Raum betritt, wird gelacht und gescherzt. "Grüß Gott", "Servus", "Danke" und "Ich liebe Dich"! Stolz zählen die Patientinnen jene deutschen Worte auf, die sie während ihres knapp 24-stündigen Aufenthalts in München bereits gelernt haben.

Koptische Christen waren von Beginn an Märtyrerkirche

Opfer des Anschlags von Alexandria  in ihrem Krankenbett in München
Obwohl die Opfer des Anschlags noch große Schmerzen haben und unter der Erinnerung an das Erlebte leiden, ist die Stimmung fröhlich. Foto: Kirche in Not

In den Krankenzimmern der jungen Frauen hängen kleine Kreuze und Heiligenbildchen. Der Bischof verteilt väterlich Süßigkeiten, religiöse Literatur und einen Kalender, auf dem die Jahreszahlen 2011 und 1727/1728 zu lesen sind. Die zweiten Zahlen stammen aus dem koptischen Kalender, der vom Jahr der Thronbesteigung des römischen Kaisers Diokletian an rechnet, dem Beginn der Christenverfolgung. Von Anfang an verstehen sich die Kopten als eine Märtyrerkirche.

Ein weiteres Kreuz bleibt einer der verletzten Frauen nicht erspart. Sie weiß noch nicht, dass bei dem Anschlag in Alexandria ihre Mutter, zwei Schwestern und eine Tante ums Leben gekommen sind. Man hat es ihr aus Rücksicht bisher verschwiegen.

Dr. Nader arbeitet in Alexandria als Arzt. Er hatte mit seiner Frau und seinen drei Kinder den Gottesdienst besucht, als die Explosion die Kirche erschütterte. "Ich befand mich zur Zeit der Explosion in der Nähe des Altares und nicht bei meiner Familie. Es war schrecklich. Überall lagen schreiende Schwerverletzte und Tote. Als Arzt habe ich sofort Erste Hilfe geleistet, ohne zu wissen, wie es um meine Familie stand. Erst nach quälend langen anderthalb Stunden erfuhr ich, dass ihnen nichts passiert ist."

Immer wieder stimmt Bischof Anba Damian ein Gebet an und spendet die Krankensalbung: "Wir werfen uns nieder vor Dir, Jesus Christus, und vor Deinem Vater und dem Heiligen Geist. Denn Du bist gekommen, um uns zu erlösen, Barmherzigkeit des Friedens und Opfergabe des Lobpreises. Gesalbt mit heiligem Öl …"

Opfer des Anschlags von Alexandria  in ihrem Krankenbett in München
Bischof Damian bewundert den Optimismus der Anschlagsopfer und lobt die Hilfsbereitschaft in Deutschland. Foto: Kirche in Not

Zu den Frauen sagt der Bischof: "Seid nicht traurig. Ihr hattet die Ehre, für den Namen des Herren zu leiden. Durch euer Leiden hat die koptische Kirche viel Sympathie erfahren, und die Welt ist auf ihre schwierige Lage aufmerksam geworden."

Erzpriester Pater Deuscoros El-Antoney ist das Oberhaupt der Kopten in Bayern. Er hatte die Verletzten persönlich von Ägypten nach Deutschland geholt und berichtet: "Noch auf der Reise ging es den Frauen sehr schlecht und sie waren sehr traurig. Doch seit der Ankunft in Deutschland hat sich das schlagartig geändert."

Bischof Damian bewundert den Optimismus der Anschlagsopfer und lobt die Hilfsbereitschaft in Deutschland. "Die Verletzten, ihre Angehörigen sowie die ganze koptische Gemeinschaft sind einfach überwältigt von der Herzlichkeit, mit der unsere Landsleute hier aufgenommen wurden. Ich glaube, in Deutschland haben meine koptischen Landsleute zum ersten Mal erfahren, was Menschenwürde wirklich bedeutet."

Bischof ruft ägyptische Regierung auf, die Rechte der Kopten genauso zu achten, wie die der Muslime

Dann wird der Bischof nachdenklich und ruft: "Ich bitte die ägyptische Regierung, die Rechte der Kopten genauso zu achten, wie die unserer muslimischer Schwestern und Brüder. Ich verlange eine gerechte Bestrafung der Täter des Attentats von Alexandria, damit der Ruf meines Heimatlandes Ägypten nicht beschädigt wird."

An die islamischen Autoritäten seines Landes richtet Bischof Damian die Bitte: "Kontrollieren Sie die lokalen Imame und ihre Predigten strenger! Zu oft ist es vorgekommen, dass Menschen die Moschee mit einem aufgestachelten Herzen verlassen haben und auf Christen losgegangen sind!" Der Bischof betonte: "Wir Kopten sind nicht die Feinde des Islam. Die Feinde befinden sich in seinen eigenen Reihen: Es sind die Fanatiker!"

Quelle: KIRCHE IN NOT - Presseinfo vom 19.01.2011

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz

 

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