Verzicht auf Privatsphäre
Mehrere US-Bürger haben Google wegen Datenschutz-Mängeln
verklagt
16.08.2013: "Wer
ein E-Mail an einen Gmail-Nutzer schickt, verzichtet auf Privatsphäre",
schreibt der Heise-Verlag in seinem Online-Newsticker. Diesen Standpunkt
habe Gmail-Betreiber Google Inc. offiziell in einer Eingabe bei
Gericht vertreten.
Google scannt die e-Mails aller Gmail-Postfächer zu Werbezwecken
Anlass für das Verfahren
ist, dass Google E-Mails scannt und ihre Inhalte auswertet. Dies
dient nicht nur der Spamfilterung, sondern auch der zielgerichteten
Platzierung von Werbung. Mehrere US-Bürger haben Google deswegen
verklagt und monieren die Verletzung mehrere Gesetze, darunter auch
solche gegen illegales Abhören. Insgesamt
gäbe es sechs Klagen in fünf US-Bundesstaaten, die nun
gemeinsam vor dem Bundesbezirksgericht im nördlichen Kalifornien
geführt werden (Google Inc Gmail Litigation 5:13-md-02430).
Google verlangt Abweisung der Klage, weil Nutzer den Bedingungen
zugestimmt haben
Google verlangt, dass
die Klage abgewiesen wird. Einige der angeführten Gesetze sind
aus Sicht der Google-Advokaten nicht anwendbar oder enthalten einschlägige
Ausnahmen. Im Übrigen hätten jene Kläger, die Inhaber
eines Gmail-Kontos sind, der Auswertung explizit zugestimmt. So
weit eine gewöhnliche Argumentation vor Gericht.
Das Scannen von e-Mail betrifft jedoch auch bei Google eingehende
e-Mails
Aufmerksamkeit erregt
die Argumentation in Bezug auf Dritte, die E-Mails geschickt haben,
welche in Gmail-Konten gelandet sind. "Während die Nicht-Gmail-nutzenden
Kläger nicht an Googles Vertragsbedingungen gebunden sind,
haben sie trotzdem implizit Googles Praxis zugestimmt aufgrund der
Tatsache, dass alle Nutzer von E-Mail notwendigerweise erwarten
müssen, dass ihre E-Mails (automatisch verarbeitet werden)."
Im Übrigen hätten sie nach eigenen Angaben von Googles
Mitlesen gewusst und dennoch weiterhin Nachrichten übermittelt.
Google vergleicht das Scannen mit dem Öffnen von Briefpost
durch eine Assistentin
Google vergleicht das
eigene Scannen mit dem Öffnen der Post durch eine Sekretärin
und beruft sich außerdem auf das 1979 ergangene Urteil des
Obersten Gerichtshof im Fall Smith v. Maryland. Dort hatte der Oberste
Gerichtshof festgehalten, dass die behördliche Speicherung
aller Telefonnummern, die von einem Anschluss aus gewählt werden,
keinen gerichtlichen Beschluss erfordert. Denn diese Daten würden
sowieso auch von der Telefongesellschaft gespeichert, womit der
Kunde "keine vernünftige Erwartung von Privatsphäre"
haben könne. Der Anschlussinhaber würde die gerufenen
Telefonnummern freiwillig der Telefongesellschaft und damit deren
Systemen "im normalen Geschäftsablauf" übermitteln.
Dieses Privileg will
nun Google auch für sich in Anspruch nehmen und führt
aus, dass der "normale Geschäftsablauf" kein objektiver
Maßstab sei. Vielmehr liege es dem Betreiber eines Kommunikationssystems
frei, den "normalen Geschäftsablauf" für sich
selbst zu definieren. Und bei Google umfasse das eben das Mitlesen
von E-Mails. Dass der Präzedenzfall Smith v. Maryland gar nichts
mit den Inhalten der Telefonate zu tun hatte, sondern nur mit deren
Adressierung, und dass man an der Zieladresse oft gar nicht erkennen
kann, dass eine E-Mail bei Gmail landen wird, lässt der Datenkonzern
unter den Tisch fallen.
Ein Google-Sprecher weist die Darstellung des Heise-Verlags zurück
Update 12:30 Uhr: Ein
Google-Sprecher weist die Darstellung gegenüber heise online
als "nicht zutreffend" zurück und betont, das Zitat
bezüglich der Privatsphäre stamme aus einem Fall des Jahres
1979. "Es nun derart darzustellen, dass uns Datenschutz nicht
wichtig wäre, ist irreführend", sagte der Sprecher.
"Wir nehmen die Sicherheit und den Schutz der Privatsphäre
unserer Nutzer sehr ernst. Jüngste Berichte, die das Gegenteil
behaupten, stimmen schlicht und ergreifend nicht." Die in Gmail
integrierten Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen "greifen,
ganz gleich, wer eine Mail an einen Gmail-Nutzer schickt".
(Daniel AJ Sokolov)
Quelle: heise.de
Autor dieser
Webseite: Uwe Schütz
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