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Islam-Forscher gibt auf

Bassam Tibi, Mahner für eine »Leitkultur«, verlässt Deutschland

Der Politologe und Islamforscher Prof. Bassam Tibi. Quelle: Homepage B. Tibi, wwwuser.gwdg.de/%7Euspw/iib/tibi_dt.htm

25.09.06: Der Politologe und Islamforscher Prof. Bassam Tibi hat eine vernichtende Bilanz der deutschen Integrationspolitik gezogen. Bei der Debatte um Integration werde das Thema Werte ausgeblendet. Diese bildeten aber den Kern der Leitkulturdebatte, sagte Tibi bei einer Podiumsdiskussion in Berlin.

Wie die Katholische Nachrichtenagentur (KNA) weiter berichtet, kündigte der Wissenschaftler zudem an, Deutschland zu verlassen und in die USA überzusiedeln. "Ich habe es aufgegeben", sagte Tibi.

Angesichts ausgreifender islamistischer Strömungen hatte der in Syrien geborene und seit 1962 in Deutschland lebende Tibi 1998 in seinem Buch „Europa ohne Identität“ eine „europäische Leitkultur“ gefordert und im Rahmen der Diskussion über die Integration von Migranten in Deutschland diesen Begriff gegen einen wertneutralen Multikulturalismus ins Feld geführt, auch um der fortschreitenden Ausbildung von Parallelgesellschaften entgegenzuwirken. In diesen Zusammenhang gehört auch seine Forderung, die in die europäischen Staaten eingewanderten Muslime müssten sich zu einem die jeweiligen Rechts- und Verfassungsordnungen ihrer Aufnahmeländer respektierenden Euro-Islam bekennen.

"Die Europäer müssten lernen, zu ihren Werten zu stehen"

Bassam Tibi hat in den vergangenen Jahren immer wieder eine "Leitkultur für Deutschland" gefordert und den Westen aufgerufen, dem radikalen Islam mit deutlichen Worten entgegenzutreten. Zum fünften Jahrestag der Attentate in New York am 11. September kritisierte Tibi in einem Interview im "Deutschlandradio", es gebe eine Leisetreterei sowohl von christlicher als auch von säkularer Seite in Europa.

Die Europäer müssten lernen, zu ihren Werten zu stehen. Der Professor an der Universität Göttingen betonte weiter, weltweit würden die Religionen an Einfluss und Macht gewinnen. Dies gelte nicht nur für den Islam. Hierzulande werde das jedoch nicht wahrgenommen.

Wer ist Bassam Tibi?

Bassam Tibi wurde 1944 in Damaskus, Syrien geboren, ist Muslim, kam 1963 nach Deutschland und studierte Sozialwissenschaft, Philosophie und Geschichte an der Universität Frankfurt am Main, wo er 1971 auch promovierte. Er hörte die Frankfurter Schule und lernte, was Individualismus bedeutet.

Bassam Tibi erhielt vor mehr als 30 Jahren die deutsche Staatsangehörigkeit und legte die syrische ab. Tibi, Mitbegründer der „Arabischen Organisation für Menschenrechte“, (al-munazzama al-'arabiya li-huquq al-insan), trägt außerdem den „Islamisch-Jüdischen Dialog“ und den „Cordoba-Trialog“ für den jüdisch-islamisch-christlichen Austausch mit. Er ist ein harter Kritiker des Islamismus und verlangt von in Europa lebenden Moslems eine Abgrenzung vom Terrorismus.

Bassam Tibi: Erdogans AKP verfolgt islamistische Ziele

In seinem 2005 erschienenen Werk „Mit dem Kopftuch nach Europa?“ markiert Tibi deutliche Vorbehalte gegenüber einem EU-Beitritt der Türkei, die er in der gegenwärtigen Verfassung nicht auf dem Weg in die europäische Wertegemeinschaft sieht. Die mit deutlicher Mehrheit im türkischen Parlament vertretene Partei von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan (Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung) werde von ihren führenden Repräsentanten zwar als islamisch-konservativ dargestellt, verfolge aber tatsächlich islamistische Ziele. Ein Beleg dafür sei die zunehmende Uniformierung der Frauen unter dem Kopftuch, das nicht mehr vorrangig überkommenes Volksbrauchtum ausdrücke, sondern immer mehr als islamistisches Zugehörigkeitsbekenntnis propagiert und eingefordert werde. Außerdem fördere Erdogans Regierung Imam-Hatip-Schulen (Schulen „der predigenden Imame“) als Konkurrenz zu den kemalistisch-laizistischen staatlichen Schulen. Beide Ansätze würden auch in die türkischen Migrantengemeinden insbesondere in Deutschland exportiert und förderten dort die Ausbildung islamistisch geprägter Parallelgesellschaften, die die Scharia (Gottesgesetz) über das jeweilige staatliche Recht stellten. Mit einem Beitritt der Türkei in die EU unter den gegenwärtigen Voraussetzungen verbindet sich daher für Tibi die Gefahr eines Marsches verkappter Islamisten durch die europäischen Institutionen. Dem hätten die Altmitglieder wegen ihrer multikulturellen Ausrichtung und des zu weit gefassten Toleranzbegriffs wenig entgegenzusetzen.

Friedrich Merz, CDU, scheitete, eine "Leitkultur"-Diskussion anzustoßen

Der CDU-Politiker Friedrich Merz hatte vor sechs Jahren in seiner Funktion als Fraktionsvorsitzender der Union die Debatte um eine "Leitkultur" entfacht und dabei die Forderung des Islamwissenschaftlers Tibi nach einer "Leitkultur für Deutschland" aufgegriffen. Der Göttinger Wissenschaftler Tibi hatte gesagt: "Unsere Gesellschaft braucht wie jede andere Gesellschaft auch einen Wertekanon... Für Deutschland ist eine Leitkultur dringend geboten."

Der Unionspolitiker Merz hatte im Rahmen der Zuwanderungsdebatte gefordert, dass sich Zuwanderer der "deutschen Leitkultur" anpassen müssten. Damit sei zum Beispiel unvereinbar, Islam-Schulen außerhalb der deutschen Schulaufsicht zu unterhalten oder Mädchen zwangsweise zu verheiraten.

Quellen: jesus.de / kep, wikipedia.de

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz, 25.09.2006

 

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