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Begeisterung und Erstaunen

Ex-Staatspräsident Katzav wegen Vergewaltigung verurteilt

30.12.2010: Israels ehemaliger Staatspräsident Mosche Katzav wurde am heutigen Donnerstag vom Bezirksgericht in Tel Aviv wegen Vergewaltigung in zwei Fällen und sexueller Nötigung schuldig gesprochen. Das Strafmaß wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Katzav zeigte sich nach der Verurteilung fassungslos.

Der Anwalt des früheren Staatsoberhauptes erklärte nach dem Urteil, sein Mandant werde weiter versuchen, seine Unschuld zu beweisen. Insgesamt hatten drei Frauen Katzav wegen Vergewaltigung oder sexueller Nötigung während seiner Amtszeit als Tourismusminister in den Jahren 1996 bis 1999 und während seiner Präsidentschaft von 2000 bis 2007 angeklagt. Das Gericht zeigte sich von der Wahrheit der Klägerin, die den Vergewaltigungsvorwurf erhoben hatte, überzeugt. Katzav habe sich laut den Richtern hingegen in "Lügen verstrickt".

Die Staatsanwältin Ronit Amiel sagte nach dem Urteil: "Dies ist kein freudiger oder leichter Tag für die Nation oder die Frauen in dem Fall, aber er beweist die Stärke der israelischen Demokratie. Selbst Präsidenten werden, wenn nötig, vor Gericht gestellt. Das bringt der israelischen Gesellschaft Ehre."

Während der Urteilsverkündung hatten zahlreiche Anhänger verschiedener Frauenorganisationen vor dem Gerichtsgebäude demonstriert. Sie versicherten den betroffenen Frauen gegenüber ihre Solidarität und forderten ein hartes Strafmaß für Katzav. Als die Entscheidung bekannt wurde, brachen sie in Jubel aus.

Boas Katzav, einer der Söhne des Ex-Präsidenten, sagte nach der Verurteilung: "Dies ist eine schwierige Zeit für die Familie. Wir werden weiter stolz auf unseren Vater sein."

Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte laut der Tageszeitung "Jerusalem Post", von dem Urteil gingen zwei Botschaften aus: "Dass alle Männer und Frauen vor dem Gesetz gleich sind, und dass Frauen volle Rechte über ihre Körper haben". Verteidigungsminister Ehud Barak sprach von einem "schwierigen und traurigen Tag für den Staat". Allerdings habe die Gerichtsbarkeit in Israel erneut gezeigt, dass jeder vor dem Gesetz gleich sei.

Katzavs Nachfolger Schimon Peres kommentierte das Urteil mit folgenden Worten: "Es gibt nicht zwei israelische Staaten. Es gibt nur einen Staat Israel. Und es gibt nicht zwei Gerichtssysteme in Israel, sondern es gibt nur eins. Es gibt nicht zwei Arten von Bürgern in Israel, sondern nur eine, und alle sind vor dem Gesetz gleich."

Hintergrund

Im Sommer 2006 hatte der damalige Präsident Katzav der Polizei mitgeteilt, dass eine ehemalige Angestellte versuche, ihn zu erpressen. Sie habe 200.000 Dollar dafür gefordert, dass sie über angebliche sexuelle Beziehungen zwischen ihm und ihr schweige. Katzav reichte auch eine Aufnahme des Erpressungsversuches ein. Doch die Beschuldigte warf ihm vor, sie durch Einschüchterung zu einer sexuellen Beziehung genötigt zu haben. Dabei habe er seine Stellung als ihr Vorgesetzter ausgenutzt. Die Anschuldigungen zogen Beschwerden weiterer Frauen nach sich.

Katzav sah sich nach eigenen Angaben einer Hetzkampagne ausgeliefert. Im Juni 2007 trat er wenige Wochen vor Ende seiner Amtszeit zurück. Sein Nachfolger wurde Peres. Im späteren Verlauf der Anschuldigungen traf Katzav eine Abmachung mit dem Generalstaatsanwalt. Darin gestand er sexuelle Belästigung und die Bedrängung von Zeugen. Im Gegenzug sollten die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn aufgehoben werden. Auf diese Weise wollte er einer Haftstrafe entgehen. Im April vergangenen Jahres hatte Katzav die Abmachung jedoch widerrufen, um sich einem Gerichtsverfahren zu stellen und seinen Namen "reinzuwaschen"

Kommentar von U. Sahm

30.12.2010: Korruption und Sexualverbrechen von Spitzenpolitikern gibt es in vielen Ländern. "I did not have sexual relations with this woman" - so beteuerte US-Präsident Bill Clinton seine Unschuld. Über den italienischen Premier Silvio Berlusconi kursieren die tollsten Gerüchte. Wie ein roter Faden ziehen sich Liebesgeschichten durch die Geschichtsbücher. Auch in der Bibel mangelt es nicht an fragwürdigen bis hin zu verbrecherischen Techtelmechteln.

Gleichwohl kann man lange suchen, ehe man weitere Fälle findet, in denen ein Staatsoberhaupt wegen Vergewaltigung und Sexualverbrechen erst aus seinem Amt getrieben und dann auch noch von einem Gericht rechtskräftig verurteilt wird. Nicht die Schwäche des Fleisches ist im Falle von Israels Ex-Staatspräsident Mosche Katzav das Besondere, sondern der Mut und die Fähigkeit der israelischen Anwaltschaft, sogar das Staatsoberhaupt vor Gericht zu zerren.

Wer Israel für einen rassistischen Staat hält, muss sein Meinung überdenken

In der arabischen Welt hat das Urteil gegen Katzav ganz besonderes Erstaunen ausgelöst. Die übliche Darstellung Israels als ein rassistischer Staat, in dem Menschenrechte mit den Füßen getreten werden, müssen die arabischen Medien wohl gründlich revidieren.

Für die arabischen Berichterstatter ist ein von israelischen Rechtsexperten und den Medien überhaupt nicht beachteter Nebenaspekt kaum nachvollziehbar: Jener Richter, der am Donnerstag das Urteil über das ehemalige Oberhaupt des jüdischen Staates ausgesprochen hat, heißt George Kara. Er ist ein christlicher Araber aus Jaffo, 1952 geboren und seit dem Jahr 2000 Bezirksrichter. "Kara ist ein sehr harter Richter, der sich im Gegensatz zu vielen anderen überhaupt nicht von den Zeitungen beeinflussen lässt. Kara gilt als völlig unbestechlich", sagte ein Rechtsexperte der Universität Haifa, Oren Gazal-Ayal.

Quelle: israelnetz.de-Newsletter

 

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