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60 Jahre Staat Israel
Teil 6: Friedensverhandlungen

gesendet am 25.05.2008 von Elsbeth Rosen
 

In den ersten 30 Jahren nach der Gründung des Staates Israel schien ein Friede im Nahen Osten nahezu unmöglich. Die ganze arabische Welt hatte es sich zum Ziel gesetzt, Israel von der Landkarte zu streichen. Nach vier blutigen Kriegen, in denen Israel um sein Überleben gekämpft und durch Landgewinne seine Grenzen gesichert hatte, war die Bevölkerung kriegsmüde geworden, und die Politiker, die bislang zu keinem Gespräch bereit gewesen waren, streckten, auch unter dem Druck der Weltöffentlichkeit, erste Friedensfühler aus.

Einen großen Durchbruch schienen die Friedensbemühungen im September 1978 zu bringen, als sich Israel und Ägypten unter Beihilfe des amerikanischen Präsidenten in Camp David auf einen Friedensvertrag einigten. Doch wurde Ägypten nicht wie erhofft von der arabischen Welt als Vorreiter für einen Friedensprozess angesehen. Im Gegenteil, Ägypten wurde aus der Arabischen Liga ausgeschlossen und geächtet, sein Präsident Sadat ermordet. Erst 16 Jahre später, 1994, war ein weiteres arabisches Land, Jordanien nämlich, bereit, einen Friedensvertrag mit Israel abzuschließen.

Seit 1973 gibt es zwar keinen offiziellen Krieg mehr zwischen Israel und seinen Nachbarn, aber diese griffen zunehmend zu einer Taktik, gegen die die Israelis nahezu machtlos sind. 1987 begann die sog. "Erste Intifada", der Krieg der Steine. Wir erinnern uns noch gut an die Fernsehbilder über die Straßenschlachten, in denen jugendliche Palästinenser israelische Soldaten mit Steinen bewarfen. Die reagierten mit Gegengewalt. Trotz massiver Sicherheitsmaßnahmen verüben fanatische Moslems seit Jahren Terroranschläge auf zivile Ziele in Israel, durch die auch die palästinensische Bevölkerung empfindlich getroffen wird. Sie operieren bewusst als Guerillakämpfer mitten unter ihrer eigenen Zivilbevölkerung. So treffen Israels Vergeltungsschläge hauptsächlich unschuldige Menschen und die Welt ist entsetzt.

Um dem Leid der Bevölkerung ein Ende zu machen, entschlossen sich 1993 der israelische Ministerpräsident Rabin und PLO-Chef Arafat zu Gesprächen über ein Autonomiegebiet für Palästinenser innerhalb Israels. Die israelische Regierung erklärte sich bereit, besetztes Land für den Frieden zurückzugeben. Stufenweise zog sich die Armee aus mehrheitlich von Palästinensern bewohnten Gebieten zurück. Die Zivilverwaltung wurde der palästinensischen Autonomiebehörde übergeben.

Wer gehofft hatte, jetzt höre der Terror auf, hatte sich getäuscht. Extremisten beider Seiten machten Front gegen die Friedensbemühungen. Orthodoxe Juden halten bis heute hartnäckig am biblischen Anspruch auf die Autonomiegebiete fest. Einer ihrer militanten Anhänger ermordete im November 1995 Ministerpräsident Rabin. Gemäßigte Israelis stellen sich die Frage: Wie viele der besetzten Gebiete kann Israel zurückgeben, ohne seine Sicherheit zu gefährden? Andere argumentieren, es sei besser, Teile zu amputieren, als das Ganze zugrunde gehen zu lassen. Arabische Nationalisten fordern das ganze Land für sich und bestreiten die Existenzberechtigung des israelischen Staates.

Auf Druck der Weltöffentlichkeit wurden immer wieder neue Friedensinitiativen gestartet. Im Jahr 2000 lud der amerikanische Präsident Clinton Israels Regierungschef Barak und Palästinenserpräsident Arafat zu Verhandlungen nach Camp David ein. Barak machte größere Zugeständnisse als alle Regierungen vor ihm, doch eine Einigung kam nicht zustande. Sie scheiterte an der Frage der palästinensischen Flüchtlinge. Kurz darauf begann die sog. "Zweite Intifada" mit neuen Terroranschlägen, ausgelöst durch den Hardliner Ariel Sharon, der die Palästinenser bewusst provozierte, indem er über den Tempelplatz spazierte.

2002 legten auch die arabischen Nachbarstaaten Israels einen Friedensplan vor. Dieser fordert einen vollständigen Rückzug Israels auf die Grenzen von 1967, das Recht auf Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge sowie die Schaffung eines palästinensischen Staates mit der Hauptstadt Ostjerusalem.
Israel bezeichnete die Vorschläge zwar als ermutigend, bestand aber darauf, dass vor neuen Verhandlungen sämtliche Terroranschläge eingestellt werden müssten.

Weitere Friedensinitiativen folgten, darunter 2003 die sog. "Road Map", ein Fahrplan für die stufenweise Umsetzung des Friedensplans. Seine Umsetzung sollte überwacht werden von dem sog. Nahost-Quartett, bestehend aus den USA, der Europäischen Union, Russland und den Vereinten Nationen. Doch Terroranschläge militanter Islamisten, die von den Israelis mit militärischer Gewalt beantwortet wurden, brachten die Friedensgespräche immer wieder zum Stillstand. Im Februar 2005 vereinbarten die beiden Regierungschefs Abbas und Sharon einen Waffenstillstand und ein halbes Jahr später zog Israel seine Soldaten aus dem Gazastreifen zurück und räumte alle seine dortigen Siedlungen.

Die Hoffnung auf einen Fortschritt in den Friedensverhandlungen und ein Ende der Terroranschläge erfüllte sich jedoch nicht, im Gegenteil. Im Gazastreifen übernahm die islamistische Hamas die Regierung, und die weigert sich bis heute strikt, mit den Israelis zu verhandeln. Wieder gibt es Selbstmordanschläge auf israelische Städte mit vielen Opfern, auch palästinensischen. Fast täglich werden Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Siedlungen abgefeuert, seit dem Abzug der israelischen Soldaten bis heute schon mehr als 4000. Israel antwortet mit gezielten Militärschlägen um die Infrastruktur der Hamas zu zerstören. Opfer sind wieder vor allem Zivilisten. Das verursacht nur wieder neuen Hass. Präsident Abbas bekommt die Lage nicht in den Griff. In dem Bau einer Grenzmauer sieht Israel jetzt die einzige Möglichkeit seine Bürger zu schützen.

Ägypten und Jordanien, die USA und die Europäische Union schalten sich in den Friedensprozess ein. Israel ist kompromissbereit. Wenn es aber allen arabischen Forderungen nachkommt, vor allem der Rückgabe der Golanhöhen an Syrien, ist seine Existenz gefährdet, denn dann hat es keine verteidigungsfähigen Grenzen mehr.
Und da ist noch ein weiteres Problem, das gelöst werden muss: Was geschieht nach der Rückgabe mit den jüdischen Siedlern im Westjordanland und auf den Golanhöhen? Was mit den palästinensischen Flüchtlingen? Der Friedensprozess wird weitergehen, aber noch viele harte Nüsse sind zu knacken, ehe ein Friedensvertrag abgeschlossen werden kann. Die härteste ist der zukünftige Status von Jerusalem.

Elsbeth Rosen

Radio-Beiträge über 60 Jahre Staat Israel:
Teil 1 : Der Verlust des biblischen Staates
Teil 2 : Israel und der Islam
Teil 3 : Zionismus und Staatsgründung
Teil 4 : Der Unabhängigkeitskrieg 1948
Teil 5 : Der Sechstagekrieg 1967
Teil 6 : Friedensverhandlungen
Teil 7 : Israel und die Heilsgeschichte