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In den Riss tretenVor 40 Jahren: Atomraketen spalten die Bundesrepublik
22.10.1983: 1,3 Mio. Leute protestieren in Deutschland friedlich gegen die Stationierung neuer US-Mittelstreckenraketen mit Atomsprengköpfen (z.B. mit einer Menschenkette von Stuttgart bis Neu-Ulm). Sie kritisieren, die Raketen seien keine Verteidigungs- sondern Angriffswaffen, und warnen u.a. vor einem Atomkrieg durch Computerfehler. Trotzdem stimmt der deutsche Bundestag einen Monat später (22.11.1983) als Antwort auf die sowjetischen SS20-Raketen mehrheitlich für die Stationierung, wie es der sogenannte NATO-Doppelbeschluss von 1979 vorsah. Die Sowjets brechen daraufhin alle Abrüstungsverhandlungen ab. Aber unter dem neuen Präsidenten Michail Gorbatschow ist die UdSSR zwei Jahr später (1985) angesichts riesiger Wirtschaftsprobleme zu Abrüstungsangeboten bereit. * * * In Deutschlands erstem Pershing-Raketen-Dorf Mutlangen regten sich die meisten Bewohner aber mehr über die Atomraketengegner auf als über die Raketen. Die Lehrerin Lotte Rodi versuchte als überzeugte Christin zu vermitteln. Sie setzte sich genauso ernsthaft mit den braven Bürgern der Schwabengemeinde auseinander wie mit sturköpfigen Aktivisten, die z.B. mitten in der Nacht eine "Krachdemo" veranstalten wollten. In einem stern-Interview 20
Jahre danach sagte sie rückblickend: "Ich
habe in der Zeit gelernt, ernsthaft zuzuhören, für meine Überzeugung
gegen den Strom zu schwimmen und nicht in erster Linie auf den unmittelbaren
Erfolg zu schauen". Solche Menschen braucht die Welt auch heute. Autor: Uwe Schütz |