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Der linke Flügel der Reformation *)Vor 500 Jahren: Der Rat der Stadt Zürich ordnet an, alle Kinder taufen zu lassen
11.08.1524: Auf Betreiben des Reformators Zwingli erlässt der Rat der Stadt Zürich den Befehl, alle Kinder taufen zu lassen. Einige Bibellesekreise widersetzen sich der Anordnung und fordern, die Kindertaufe biblisch zu begründen. Nach einer Anhörung vor dem Rat der Stadt verbietet man ihnen jegliche Aktion. Alle Kindertaufverweigerer werden aufgefordert, ihre Neugeborenen binnen 8 Tagen taufen zu lassen, andernfalls werde man sie des Landes verweisen. Als bekannt wird, dass man sich trotzdem zum Bibellesen trifft und einer der Anwesenden auf seinen Wunsch die Glaubenstaufe empfangen hat, flüchten alle aus der Stadt ins Zürcher Umland Zollikon. Dort schließen sich immer mehr Leute ihnen an. Verfolgung, Verhaftung und Folter sehen sie als Bestätigung ihres Wegs.
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Durch die Erfindung des Buchdrucks und Luthers Übersetzung des Neuen Testaments zwei Jahre zuvor war man nicht mehr allein von dem abhängig, was der Pfarrer von der Kanzel verkündete. Deshalb wuchs auch die Zahl derer, denen Luthers und Zwinglis Reformen nicht weit genug gingen. Die sogenannten Täufer tauften nur diejenigen, die ihren Glauben bekannten und die Taufe begehrten. Nach Schätzungen war nach wenigen Jahren jeweils ein Drittel der deutschen Bevölkerung katholisch, lutherisch oder täuferisch. Der Reichstag zu Speyer beschloss deshalb 1529: Wer wiedergetauft ist oder wer seine Kinder nicht taufen lässt, ist mit dem Tode zu bestrafen. Unzählige Männer und Frauen wurden hingerichtet. Diejenigen, die fliehen konnten, taten das, was Jesus schon seinen ersten Jüngern aufgetragen hatte: Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet allen Menschen die rettende Botschaft. Wer glaubt und sich taufen lässt, der wird gerettet werden. (Markus 16,15-16, Hoffnung für alle) Im 19. Jahrhundert kam auch die Täuferbewegung zurück nach Deutschland, und es entstanden immer mehr Freikirchen. Sie traten für eine klare Trennung von Kirche und Staat ein. Voraussetzung für die Aufnahme in die jeweilige Gemeinde ist bis heute die persönliche Entscheidung jedes Einzelnen, Christ werden zu wollen. Autor: Uwe Schütz
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*) In der neueren Kirchengeschichtsforschung wird das Täufertum häufig als linker Flügel der Reformation bezeichnet |