Moderne Inquisition?
Bayerische Polizei reißt in zwei Großrazzien 40 Kinder
aus ihren Familien
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05.09.2013:
Das Anwesen
der Glaubensgemeinschaft
in Gut Klosterzimmern, der Ort des Polizei-Einsatzes,
im ZDF Heute-Journal Screenshot: AREF |
06.09.2013: Gegen
6 Uhr morgens umstellten 100 Polizisten bei Deiningen das Gelände
der Glaubensgemeinschaft in Gut Klosterzimmern. Das Gelände
wurde großräumig abgesperrt. Die Beamten gingen von Haus
zu Haus und nahmen den Eltern die Kinder weg, berichtet die Augsburger
Allgemeine unter dem Titel "Großeinsatz bei Sekte Zwölf
Stämme" in ihrer Online-Ausgabe.
Kinder sollen in Pflegefamilien untergebracht werden
Wie ein Sprecher des
Polizeipräsidiums in Augsburg sagte, handelt es sich um 28
Mädchen und Buben. Sie wurden, begleitet von Mitarbeitern des
Jugendamtes, in Kleinbussen und Autos nach Donauwörth gebracht
und sollen in Pflegefamilien untergebracht werden.
Amtsgericht Nördlingen hat Sorgerechtsentzug angeordnet
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05.09.2013:
Heute-Journal ab 21.45 Uhr im ZDF. Helmut Beyschlag, Direktor
des Amtsgerichts Nördlingen bei der Pressekonferenz bezüglich
der Glaubensgemeinschaft
in Gut Klosterzimmern, Screenshot:
AREF |
Grund für den Einsatz
ist ein vorläufiger Sorgerechtsentzug, den das Amtsgericht
Nördlingen angeordnet hat. Es
habe "neuerliche Hinweise auf erhebliche und dauerhafte Kindesmisshandlung
durch die Mitglieder" gegeben, teilte das Landratsamt Donau-Ries
mit.
Zeugen berichteten gegenüber
der Augsburger Allgemeinen Zeitung, die Mitglieder der Glaubensgemeinschaft
hätten keinen Widerstand geleistet. Ein Mitglied der Gruppe
betonte aber vor Journalisten, die Kinder seien nie geschlagen worden.
Man sei entsetzt über die Polizeiaktion. Zudem lägen Gutachten
vor, dass es in der Glaubensgemeinschaft keine Züchtigungen
gebe.
Zwölf weitere Kinder
nahm die Polizei im Landkreis Ansbach, wo sich ein weiteres Anwesen
der Gemeinschaft befindet, aus ihren Familien.
Eltern wurden auffällig, weil sie den Schulbesuch ihrer Kinder
wegen des Sexualkundeunterrichts verweigerten
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05.09.2013:
Heute-Journal ab 21.45 Uhr im ZDF Polizeieinsatz gegen die Glaubensgemeinschaft
in
Gut Klosterzimmern (Archivbild) Screenshot:
AREF |
Seit
fast 15 Jahren leben die Familien bei Deiningen. Sie bauen Gemüse
und Getreide an, halten Tiere und produzieren ihren eigenen Strom.
Die Gemeinschaft "Zwölf
Stämme" geriet auch in der Vergangenheit immer wieder
in die Schlagzeilen. Neben Vorwürfen wegen Kindesmisshandlung
gibt es seit Jahren Streit über die Schulpflicht
der Kinder.
Die Mitglieder der "Zwölf
Stämme" hatten sich geweigert, ihre Kinder in staatliche
Schulen zu schicken. Vor allem machten sie wegen des Sexualkundeunterrichts
"Gewissensgründe" geltend. 2004 waren mehrere Väter
wegen der Verweigerung in Erzwingungshaft gekommen.
Genehmigung als Ergänzungsschule wurde wieder entzogen
2006 hatten die Behörden
die Privatschule der Gemeinschaft genehmigt. Zum 31. Juli 2013 hatte
das Kultusministerium die Genehmigung wieder entzogen, weil die
Schule keine qualifizierten Lehrer benennen konnte.
Inzwischen liegt dem Ministerium ein Antrag der Gemeinschaft auf
die Genehmigung einer neuen sogenannten Ergänzungsschule vor.
"Die bibelfromme
Gemeinschaft ist sehr umstritten: Aussteiger warfen den rund hundert
Bewohnern des Klosters im vergangenen Jahr im "Focus"
vor, ihre Kinder mit der Rute zu misshandeln. Die Gemeinschaft wies
die Vorwürfe damals zurück und erklärte: 'Wir sind
eine offene und transparente Gemeinschaft, die keine Form von Kindesmisshandlung
duldet'", berichtet der Spiegel in seiner Online-Ausgabe.
Ein ähnlicher Fall ereignete sie zwei Tage zuvor in Hessen
Am Dienstag,
zwei Tage zuvor, gab es eine ähnliche Aktion in Hessen: Ein
Gericht hatte Eltern das Sorgerecht entzogen, weil sie ihre vier
Kinder zu Hause unterrichteten. Polizei und Jugendamt hatten die
vier Kinder dann um 8 Uhr morgens von zu Hause abgeholt.
Quellen: Online-Ausgaben
von Augsburger Allgemeine und Spiegel
Autor dieser
Webseite: Uwe Schütz
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