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Betreuungsgeld

Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld gekippt

22.07.2015: Das im August 2014 von der Bundesregierung eingeführte Betreuungsgeld verstößt in seiner jetzigen Form gegen das Grundgesetz. Dies hat gestern der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts einstimmig entschieden. Dem Bundesgesetzgeber fehle die Gesetzgebungskompetenz, für ein Betreuungsgeld seien die Länder zuständig. Zum Betreuungsgeld selbst äußerte sich das Bundesverfassungsgericht nicht.

Der Bund ist nicht zuständig

Das Betreuungsgeld diene nicht der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet, heißt es in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. In diesem Falle sei der Bund zuständig. Es habe jedoch keine Auswirkungen auf Lebenswelt und Arbeit, erklärte der Vorsitzende des Ersten Senats, Richter Ferdinand Kirchhof. Laut dem Urteil gleicht das Betreuungsgeld auch keine Missstände bei Kita-Angeboten aus, weil die Zahlung nicht davon abhängt, ob ein Betreuungsplatz vorhanden ist, sondern nur davon, dass Eltern diesen nicht in Anspruch nehmen. Wörtlich heißt es im Urteil: "Das Angebot öffentlich geförderter Kinderbetreuung steht allen Eltern offen. Nehmen es Eltern nicht in Anspruch, verzichten sie freiwillig". Es gebe daher auch keine Pflicht des Gesetzgebers, diesen Verzicht durch eine Prämie auszugleichen.

Caritas-Präsident: Alle Familien brauchen Förderung

Welche Art der Betreuung Familien wählen darf nicht darüber entscheiden, ob sie staatliche Unterstützung erhalten. „Betreuungsgeld oder Kita“ – vor diese Entscheidung sollte man Eltern nicht stellen, sagt Caritas-Präsident Peter Neher in der gestrgen Pressemittelung. Kleine Kinder müssen rund um die Uhr betreut werden. „Ob Eltern ihr Kind 24 Stunden am Tag selbst oder teilweise von Verwandten oder in einer Kita betreuen lassen, darf nicht den Ausschlag geben, wie sie finanziell gefördert werden“, so Neher. Alle Eltern wenden neben ihrer Liebe und ihrem Engagement auch Zeit und Geld für die Erziehung ihrer Kinder auf und tragen so wirtschaftliche Lasten, die der ganzen Gesellschaft zu Gute kommen. Sie haben daher das Recht auf einen Familienlastenausgleich. Der Gesetzgeber sollte hier niemanden unzulässig begünstigen oder benachteiligen.

Diakonie begrüßt die BVerfG-Entscheidung

Völlig anders kommentierte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, das Urteil: "Wir freuen uns, dass mit dem heutigen Urteil die Fehlentscheidung der letzten Legislaturperiode korrigiert wurde." Die Diakonie schlägt stattdessen vor, die freiwerdenden Haushaltsmittel für den qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung zu nutzen.

Evangelische Allianz: Benachteiligung des Familienmodells

Hartmut Steeb, Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA), bedauerte gegenüber dem christlichen Medienmagazin "pro" die Entscheidung der Karlsruher Richter. Das Urteil sei zwar formell nachvollziehbar, weil der Bund, wie es im Urteil heißt, für das Betreuungsgeld nicht zuständig sei, aber: "Der Bund hat aber auch Millionen in den Ausbau der Krippenbetreuung eingesetzt, obwohl er dafür eigentlich auch nicht zuständig wäre", so Steeb. Faktisch bedeute das Urteil eine erneute Benachteiligung des Familienmodells, in dem Eltern vorrangig selbst für die Betreuung und Erziehung ihrer Kinder Sorge tragen.

Bayern reagiert

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts will Bayern nun die gesetzlichen Grundlagen für ein Landes-Betreuungsgeld schaffen. Dies erklärte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) unmittelbar nach dem Urteil. Der Bund müsse die für das Betreuungsgeld eingeplanten finanziellen Mittel nun direkt an die Länder weitergeben.

Hintergrund

Das Betreuungsgeld war auf Initiative der CSU auf den Weg gebraucht und im August 2013 eingeführt worden. Die SPD hatte es zunächst abgelehnt. So erklärte die stellvertretende SPD-Vorsitzende und heutige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig gegenüber der Süddeutschen Zeitung: "Der Ausbau der frühkindlichen Bildung und der Ganztagsbetreuung muss absoluten Vorrang haben." Das von der Regierung geplante Betreuungsgeld fehle beim Kita-Ausbau, kritisierte sie. Am Ende trug die SPD in der großen Koalition die Entscheidung mit.

Seit August 2013 erhielten Eltern pro Kind monatlich zunächst 100 € und dann 150 €, wenn das Kind nicht in einer staatlich unterstützten Kindertagesstätte oder in einer Tagespflege betreut wurde. Die Eltern konnten die staatliche Leistung vom ersten Tag des 15. Lebensmonats des Kindes bis zum Ende des 36. Lebensmonats beanspruchen.

Autor dieser Webseite: Uwe Schütz

 

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