Gewalt, die zum Nachdenken anregt?
Ist "Die Passion
Christi" zu brutal geraten?
Am
Anfang wurde Mel Gibson eine antisemitische Haltung und Darstellung
vorgeworfen. Seitdem der Film in den USA läuft, heißt
es immer wieder, der Film sei zu brutal geraten!
Hier eine Beschreibung
von Delia Gallagher vom 19. Februar 2004 aus Rom, übersetzt
aus dem Englischen von Heike Gerhold, AREF.
Ich muss zugeben,
dass ich nicht gerade darauf hingefiebert habe, Mel Gibsons Film
"The Passion of the Christ" zu sehen. Zum einen hatte
ich gehört, dass der Film viel Gewalt zeigt, und ich vertrage
Gewaltszenen nicht. Außerdem kannte ich die Geschichte schon
und ihr Ende; und all diese Polemik vor der Veröffentlichung,
die nicht gerade meine Neugierde anregten, ließen mich schon
vorher das Interesse verlieren.
[...]
Also: der Film ist
voll von Gewaltszenen. Es war fast unerträglich. Mein größter
Eindruck war: Was für ein Horror! Ich zwang mich, meine
Augen offen zu halten, als der römische Soldat mit seiner
Peitsche das Fleisch des sich windenden Jesu offenriss, der mit
Handschellen an einen Marmorstein gekettet war und nach etwa einer
halben Stunde von ununterbrochenem Geißeln [...] im Blut liegen
blieb. All dies bevor er überhaupt zum Tode verurteilt wurde.
Jesus wird so völlig
körperlich gedemütigt an dieser Stelle, dass man - würde
man die Geschichte nicht kennen - meint, er würde jetzt schon
sterben. Die kommende Kreuzigung, denkt man, wird fast eine Erleichterung
sein.
Ist die Gewalt
übertrieben?
Wahrscheinlich ja.
Ist es eine tragbare
Umsetzung von künstlerischer Freiheit?
Ich denke schon.
Jeder Katholik, der
sich bisher Jahr für Jahr des Kreuzwegs erinnert hat und in
den drei Stunden dauernden Karfreitagsgottesdiensten mit Lesungen
von der Passion saß, wird sicher nie in dieser Weise über
Jesu Leiden nachgedacht haben. Die Gewalt in diesem Film mag
übermäßig viel sein, aber sie ist nicht unnötig.
[...]
Zu den Vorwürfen
über den angeblichen Antisemitismus des Films sehe ich mich
auf der Seite derer, die sagen, dass vielleicht Juden und Christen
diesen Film durch verschiedene Linsen sehen werden. Ich persönlich
habe keine offenen anti-jüdischen Übertreibungen des ursprünglichen
Evangeliums bemerkt.
[...]
Es ist eine Art von
Gewalt, die einen zu Tränen rührt, nicht zu Wut; und sie
lädt ein zum Nachdenken, nicht über die Juden, sondern
über Jesus.
Autor: Heike Gerhold,
AREF, 05.03.2004
Foto: © 2003 Icon
Distribution Inc. All Rights Reserved. Im Verleih der Constantin
Film. Foto: Philippe Antonello.
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