"Unter
falscher Flagge" - Stellungnahmen
Betroffene wehren sich gegen die Vorwürfe in ARD-Doku über
radikale Christen
09.08.2014: Zur ARD-Dokumentation
Mission unter falscher Flagge über radikale
Christen in Deutschland haben die in der Sendung erwähnten
Personen Stellung bezogen. Sie kritisieren die aus ihrer Sicht einseitige
Berichterstattung und die Recherchemethoden. Das PRO-Medienmagazin
hat in seiner Online-Ausgabe pro-medienmagazin.de
diese Stellungnahmen gesammelt.
NDR wusste, dass umstrittene CD seit 2013 nicht mehr verwendet
wird
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Die
Story im Ersten" - Mission unter falscher Flagge:
Gabriele Wentland,
Leiterin von Mission Freedom, die sich in Hamburg
gegen Zwangsprostitution stark macht und Aussteigerinnen hilft. |
Gabrielle Wentland vom
Verein Mission Freedom, der sich in Hamburg gegen Zwangsprostitution
einsetzt, bemängelt die Aufmachung der Sendung: Diese
diene dem Zweck, Christen zu diffamieren. Es werden Dinge
vermischt, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben.
Der Hauptvorwurf gegen
Mission Freedom laufe ins Leere: Anders als die Dokumentation
vorgebe, habe man die umstrittene DVD, auf der über eine angebliche
frühere Zwangsprostituierte berichtet wurde, bereits 2013 vom
Markt genommen. Der NDR sei darüber bereits im November 2013
schriftlich informiert worden. "Es ist sehr bedauerlich, dass
so eine einseitig und unvollständig recherchierte Sendung ausgestrahlt
wird, so Gabrielle Wentland.
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Zukunft für dich arbeitet nicht unter falscher
Flagge
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Die
Story im Ersten" - Mission unter falscher Flagge:
Ein Spielplatz der Initiative "Zukunft für dich"
in Berlin |
Jörg Kohlhepp, Leiter
des sozialdiakonischen Vereins Zukunft für dich
in Berlin, wehrt sich gegen den Vorwurf, unter falscher Flagge
zu arbeiten. Auf der Homepage sei nachzulesen, dass sowohl
Sozialarbeit als auch die Vermittlung des christlichen Glaubens
zwei wichtige Grundsätze unseres Vereins sind. Auch das
Etikett radikale Christen sei falsch, da sich der Verein
aus freiwilligen Spenden sowohl aus freikirchlichen Christen als
auch evangelischen und katholischen Christen finanziert werde.
Auch der Vorwurf, Kinder
mit Süßigkeiten zu locken, sei unhaltbar.
Der starke Zulauf des Vereins sei nicht auf die Süßigkeiten
zurückzuführen, denn die gäbe es auch auf Kinderfesten
oder in Supermärkten. Die Kinder, sowie deren Eltern
und auch am Rande der Gesellschaft stehende Menschen, kommen deshalb
so gerne zu unserem Verein, weil sie sich dort wertgeschätzt
und angenommen fühlen," so Kohlhepp.
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Peter Wenz vom Gospel Forum: Fragwürdige Recherche
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Die
Story im Ersten" - Mission unter falscher Flagge:
Gospel-Forums Stuttgart, einer der wohl größten
deutschen Freikirchen |
Gegen die Darstellung
in der in ARD-Doku über radikale Christen in Deutschlandprotestiert
auch Peter Wenz vom Gospel Forum in Stuttgart. Kein
einziger Kritikpunkt, der in der Sendung erwähnt wird,
habe sich als zutreffend herausgestellt. So missbrauche Gospel
Forum den Glauben nicht als Machtfaktor. Wir nutzen
Menschen nicht aus, sondern investieren uns uneigennützig in
ihre persönliche geistliche und soziale Entwicklung.
Auch gehe es dem Verein nicht in erster Linie um Geld.
Wenz bemängelt,
dass keine der Besucher der Gottesdienste positiv über
ihre Erfahrungen mit der Gemeinde berichten konnte. Auch die
Recherchemethoden des NDR kritisiert Wenz: Das Fernsehteam habe
Besucher gegen ihren Willen gefilmt, Mütter seien auf dem Weg
zum Kindergottesdienst ausgefragt und danach mit
verächtlichen Worten und Blicken belegt worden. Die Reporter
hätten außerdem den Kontakt zu schwerst psychisch
kranken Menschen gesucht, um dort negative Argumente
zu finden, um damit eine Gemeinde zu denunzieren.
Was sagt der Pressekodex über Recherche?
"Bei der Beschaffung
von personenbezogenen Daten, Nachrichten, Informationsmaterial und
Bildern dürfen keine unlauteren Methoden angewandt werden.
(s. Ziffer 4). Journalisten geben sich grundsätzlich zu erkennen.
Unwahre Angaben des
recherchierenden Journalisten über seine Identität und
darüber, welches Organ er vertritt, sind grundsätzlich
mit dem Ansehen und der Funktion der Presse nicht vereinbar. Verdeckte
Recherche ist im Einzelfall gerechtfertigt, wenn damit Informationen
von
besonderem öffentlichen Interesse beschafft werden, die auf
andere Weise nicht zugänglich sind. (s. Ziffer 4.1) Die Presse
verzichtet darauf, religiöse, weltanschauliche oder sittliche
Überzeugungen zu schmähen. (s. Ziffer 10)."
Quelle: Publizistische Grundsätze - Richtlinien für die
publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserats
Fassung vom 03. Dezember 2008
Was Evangelikale aus der ARD-Sendung lernen können
Unter
dem Titel "Was die Evangelikalen aus der Fernsehsendung 'Mission
unter falscher Flagge' lernen können" ist im pro-medienmagazin
ein Gastkommentar von Benjamin Lassiwe veröffentlicht. Wieder
einmal reagiere die evangelikale Szene "mit harscher Kritik
an angeblich undifferenzierter Berichterstattung". Für
einen Außenstehenden sei schwer zu beurteilen, welche Vorwürfe
stimmen und welche nicht.
Es sei eine Tatsache,
dass es geistlichen Missbrauch gibt, so Lassiwe. Schwarze Schafe
gäbe es - außer in der Ewigkeit - überall. "Die
unerlöste Welt ist nicht perfekt. Und gerade dem Missbrauch
ist es eigen, dass er in der Regel von Pastoren und Gemeindeleitungen
ausgeübt wird. Nun aber stammen alle vorliegenden Stellungnahmen
genau von den Pastoren und Gemeindeleitern, die in der Fernsehsendung
angegriffen werden. Aussage steht damit gegen Aussage", so
Lassiwe. Auffällig sei, dass es immer wieder dieselben Gemeinden
seien, die in den Fokus der Medien geraten.
Die Kritik an der eigenen
Szene sollte von den Evangelikalen mindestens ebenso ernst genommen
werden, wie die selbst geäußerte Kritik an Anderen, was
Spätabtreibungen, Homo-Ehen und Gender-Mainstreaming betrifft,
so Benjamin Lassiwe. Er empfielt Deutschlands
Evangelikale dringend eine Qualitätsdiskussion. Bevor der nächste
Fernsehfilm oder das nächste kritische Buch erscheint, solle
man sich darauf verständigen, was evangelikal bedeutet,
was eine gute evangelikale Gemeinde sei. und
welche Phänomene eher auf fundamentalistisches Sektierertum
hindeute. Lassiwe empfiehlt, die Kriterien dabei möglichst
eng anlegen und zitiert Peter Hahne: Wer nach allen Seiten
offen ist, ist nicht ganz dicht.
Weiterhin erinnert Benjamin
Lassiwe in seinem Gastkommentar daran, dass die Deutsche Evangelische
Allianz eigentich ein Netzwerk von Einzelpersonen ist. Für
die Mitgliedschaft von ganzen Gemeinden empfielt er dem Allianzverstand,
dafür Bedinungen festzulegen, unter der Gemeinden in der Allianz
mitarbeiten können. Nur so könne die an die Medien verlorene
Deutungshoheit über den Begriff evangelikal zurückgewonnen
werden, so Lassiwe.
Autor dieser Webseite:
Uwe Schütz
Quelle: pro-medienmagazin.de
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