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Bundesverfassungsgericht

BVG-Urteil: Homo-Ehen dürfen bei Erbschaftssteuer nicht benachteiligt werden

17.08.2010: Homosexuelle Lebenspartner müssen bei der Erbschaftssteuer künftig Ehepaaren gleichgestellt werden. Die bisherigen steuerlichen Vorschriften benachteiligten homosexuelle Partnerschaften in unzulässiger Weise und verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes, heißt in zwei am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichtes (AZ.: 1 BvR 611/07 und 1 BvR 2464/07).

Verfassungswidrige Regelungen sowohl im Erbschaftsteuerrecht

Die Karlsruher Richter stellten klar, dass sowohl das bis Ende 2008 geltende Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz als auch das derzeit geltende Erbschaftsteuerreformgesetz verfassungswidrige Regelungen enthalten. So würden Ehegatten bis heute in die günstige Erbschaftsteuerklasse I eingestuft und müssten zwischen sieben und 30 Prozent Steuern zahlen. Homosexuelle Lebenspartner würden nach der ungünstigen Erbschaftsteuerklasse III belastet, die Steuersätze zwischen 17 und 50 Prozent vorsieht.

Bis 2008 hätten Ehegatten zudem persönliche Freibeträge von 307.000 Euro sowie einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000 Euro geltend machen können. Homosexuellen Lebenspartnern habe nur ein Freibetrag von 5.200 Euro zugestanden. Ein Versorgungsfreibetrag fiel bei ihnen ganz weg.

Mit der Erbschaftsteuerreform habe der Gesetzgeber die Freibeträge bei Eheleuten und Partnerschaften zwar gleichgestellt, dennoch würden eingetragene Lebenspartner weiterhin mit den höchsten Steuersätzen belastet. Diese Benachteiligung der Lebenspartner sei aber nicht zu rechtfertigen, so der Erste Senat in seinen am 21. Juli gefällten Entscheidungen.

Der "besondere Schutz der Ehe" gilt nicht im Erbschaftssteuerrecht

Eingetragene Lebenspartner würden ebenso wie Ehegatten «in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft» leben, hieß es in der Entscheidung. Es gebe eine «gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht». Eine Gleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern sei daher verpflichtend. Der bloße Verweis auf den besonderen Schutz der Ehe im Grundgesetz reiche als Begründung für die Benachteiligung bei der Erbschaftsteuer nicht aus.

Auch das Argument, dass aus Lebenspartnerschaften keine Kinder hervorgehen könnten und daher geringere Freibeträge gewährt werden können, sei nicht stichhaltig. Denn das Vorhandensein von Kindern spiele bei den Freibeträgen auch bei Ehepartnern keine Rolle.

Die Karlsruher Richter verwiesen darauf, dass die Bundesregierung bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt habe, der die vollständige Gleichstellung von Ehepaaren und homosexuellen Lebenspartnern im Erbschaftsrecht vorsehe. Für Altfälle müsse bis Ende dieses Jahres eine gesetzliche Neuregelung geschaffen werden.

Kommentar

Die Begründung des Bundesverfassungsgerichts klingt einleuchtend. Damit ist aber auch klar, dass das so genannte Ehegattensplitting im Einkommensteuergesetzt in Zukunft auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften gelten muss. Und das wird dann seiner Abschaffung führen, denn das Ehegattensplitting ist seit Jahren umstritten. Kritisiert wird vor allem, dass die 1958 eingeführte Regelung "nicht mehr zeitgemäß" sei. Beim Ehegattensplitting ist der Steuervorteil am größten, wenn eine Partner gut verdient und der andere keine Einkünfte hat und sich um Haushalt und Kinder kümmert. Die letzten Skrupel verschwinden dann, wenn einer vorrechnet, dass die Abschaffung des Ehegatten-Splittings jährlich mehre Millarden Euro in die Kassen spült. Aber spätestens dann muss sich jeder fragen: Was haben sich die Väter des Grundgesetzes 1948/49 eigentlich gedacht?

Quelle: jesus.de-Newsletter vom 17. August 2010 / epd

Autor dieser Seite: Uwe Schütz

 

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